Arbeitsmarkt - 16.01.2025

Zürcher Wirtschaftsmonitoring

Fehlende Arbeitskräfte und die Ungleichheit zwischen Erwerbs- und Gesamtbevölkerung haben starke Auswirkungen. Eine Erhebung des Amt für Wirtschaft des Kantons Zürich

Das Wichtigste auf einen Blick: Zürcher Wirtschaft weder im Hoch noch im Tief

Die Zürcher Wirtschaft bewegt sich seit Anfang Jahr seitwärts. Die globale Konjunkturschwäche belastet die exportorientierte Industrie, während der Dienstleistungssektor stabilisierend wirkt. Den Geschäftserwartungen der Unternehmen zufolge ist in den nächsten Monaten weder mit einem deutlichen Aufwärts- noch mit einem deutlichen Abwärtstrend zu rechnen. Die Arbeitslosigkeit ist dem Konjunkturverlauf folgend im Verlauf des Jahres leicht angestiegen.

Spezialthema: Fehlende Arbeitskräfte: Szenarien und Implikationen für die Wirtschaft

Die sich öffnende Arbeitsmarktschere und das abnehmende Verhältnis zwischen Erwerbs- und Gesamtbevölkerung haben starke Auswirkungen auf die Zürcher Wirtschaft und Gesellschaft. Verschiedene Szenarien zeigen, dass selbst eine hohe Zuwanderung den Effekt der Alterung kaum verhindern kann: Fehlende Arbeitskräfte werden die Zürcher Wirtschaft künftig vor Herausforderungen stellen.

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Die Schweizer Bevölkerung wird älter
    Grund dafür sind die steigende Lebenserwartung und die sinkende Geburtenrate. Auch der Kanton Zürich ist von der demografischen Entwicklung betroffen, wenn auch weniger stark als die Gesamtschweiz, da Zürich als attraktiver Standort eine junge Arbeitsbevölkerung aus dem In- und Ausland anzieht.
  • Die demografische Entwicklung hat starke Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
    In den nächsten Jahren öffnet sich eine Arbeitsmarktschere, da mehr Erwerbstätige den Arbeitsmarkt altershalber verlassen als jüngere nachrücken. Im Jahr 2029 wird die Zahl der 65-Jährigen jene der 20-Jährigen im Kanton Zürich um 16% übertreffen – noch bis vor 20 Jahren war dieses Verhältnis umgekehrt.
  • Der Anteil der Erwerbs- an der Gesamtbevölkerung sinkt
    Für den Arbeitsmarkt sind nicht nur die altersbedingten Ein- und Austritte relevant, sondern auch die Entwicklung der gesamten (potenziellen) Erwerbsbevölkerung im Alter zwischen 20 und 64 Jahren, wobei die Zuwanderung eine wichtige Rolle spielt. Zwar dürfte die Erwerbsbevölkerung im Kanton Zürich in den nächsten Jahren in absoluten Zahlen weiter zunehmen, jedoch sinkt ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Das führt dazu, dass ein immer grösserer Teil der Bevölkerung nicht im Arbeitsmarkt tätig ist und ein immer kleinerer Anteil die Produkte und Dienstleistungen – sprich die Wertschöpfung – erarbeitet.
  • Die Bevölkerungsentwicklung hängt von der Lebenserwartung, der Geburtenrate und der Zuwanderung ab
    Unterschiedliche Annahmen bezüglich dieser Grössen führen zu unterschiedlichen Bevölkerungsprognosen. In Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Demografik (einem Dienstleistungspartner von focus50plus) haben wir verglichen, wie sich die Bevölkerung und der Anteil Erwerbstätige unter fünf verschiedenen Szenarien bis 2050 entwickeln. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus:
    • Langfristig entscheidend ist die Geburtenrate: Wenn wir davon ausgehen, dass die in den letzten rund zehn Jahren gesunkene Geburtenrate (von 1,5 auf 1,3 Kinder pro Frau) dauerhaft tief bleibt, wird sich die Arbeitsmarktschere ab dem Jahr 2040 noch stärker öffnen und der Anteil Erwerbstätige noch weiter sinken.
    • Die Zuwanderung kann die Alterung mindern, aber kaum verhindern: Dies zeigen unsere drei Szenarien mit einer tiefen, mittleren oder hohen Zuwanderung. Ganz ohne Zuwanderung würden sich die demografischen Herausforderungen am Arbeitsmarkt markant verschärfen (Szenario 4). Möchte man hingegen den Altersquotienten konstant auf dem heutigen Niveau halten (Szenario 5), wäre dies nur mit einer massiven Zuwanderung möglich – ein kaum realistisches Szenario, zumal nicht nur die Schweiz und der Kanton Zürich von der Alterung betroffen sind. In den Nachbarländern wird das potenzielle Angebot an Arbeitskräften noch stärker schrumpfen als hierzulande.
  • Starke Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft
    Insgesamt wird die Alterung der Bevölkerung die Zürcher Wirtschaft vor Herausforderungen stellen: Der Arbeitskräftemangel dürfte zunehmen, die Wirtschaftsdynamik nachlassen und die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungen noch schwieriger werden. Dem Effekt der Alterung entgegenwirken können eine bessere Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials sowie eine höhere Produktivität durch technologischen Wandel.

Herausgeber des Wirtschaftsmonitoring ist das Amt für Wirtschaft (AWI) des Kantons Zürich.

Ansprechpartner:in für diese Studie

Luc Zobrist

Economist / Leiter Fachstelle Volkswirtschaft bei Amt für Wirtschaft und Arbeit, Kanton Zürich

Luc Zobrist vom Kanton Zürich schreibt wissenschaftliche Artikel und verfasst Studien für namhafte Unternehmen. Lesen Sie seine Beiträge auf focus50plus!

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